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Politische Songs - Ausgabe II

Ursprünglich als musikalischer Adventskalender angelegt, lädt diese Sammlung Politische Songs - Ausgabe II ein, anhand weniger Liedzeilen zu erraten, um welchen Song es sich handelt (weitere Songs finden sich in der Ausgabe I, Ausgabe III).

Wem gelingt es, anhand der Abbildung unten zu erraten

- wie der Songtitel lautet?
- wer ihn
  gesungen hat?
- in welchem Jahr er erschienen ist?

Am Ende findet sich die Auflösung mit dem Songtext, Hintergrundinformationen über seine Entstehungsgeschichte sowie ein YouTube-Video.

Viel Spaß beim Mitraten!

SONG 16

> Auflösung

 

TRICK DER POLITIK aus dem Jahr 2018 gesungen von ERSTE ALLGEMEINE VERUNSICHERUNG

Herr Anton Zwirn und Hugo Schrat
sitzen im Gemeinderat
beide sind gleich hoch wie bra´t
und haben ein Herz für Glyphosat

Sowie im Halse ein Gelenk
gut geölt für jeden Richtungs-Schwenk
Bei Wahldebakel und Stimmverlust
singen sie aus voller Brust:

Das ist der Trick der Politik
Ein Schritt vorwärts vor der Wahl
und danach drei zurück
Das ist der Trick der Politik
Und wenn er daneben geht
spielen wir Blinde Kuh
oder Russisches Roulette!

In einem Puff in Fischamend
erklärt der Herr vom Parlament
Nach zwei, drei Flachen Pommery
den Damen seine Gewerbe-Strategie;

„Wenn du nichts weißt, dann rede viel
nur lass die Wahrheit tunlichst aus dem Spiel
Denn das Volk ist es gewöhnt,
dass man mit heißer Luft
die Dinge schönt!“

„Geht einem Land durch Zinseszinsen
wie allen Anderen die Zukunft in die Binsen
erricht‘ ein Gipfelkreuz am Schuldenberg
und preise stolz dein Meisterwerk:“

Das ist der Trick der Politik
Der so sicher funktioniert
wie ein Schuss in das Genick
Das ist der Trick der Politik
Und wenn er in die Hose geht
klafft im Budget ein Riss
den der Steuerzahler näht

In Brüssel steht ein Doof-Bräuhaus
da tritt man ein – und manche wieder aus
Das Gegenteil von gut ist gut gemeint,
wenn man vorschnell zu viele Länder eint

„Winkt ein Vorteil, dann greif zu“,
denkt sich so manches Mitglied der EU
Doch wenn es ums Asylrecht geht
ist’s vorbei mit der Solidarität

Das ist der Trick der Politik
Wer nach allen Seiten schielt
verliert den Überblick
Das ist der Trick der Politik
Notfalls tritt man kurz zurück
und wird das man man längst ist:
nämlich Wirtschaftslobbyist!

Das ist der Trick der Politik
Da hilft auch kein Achtel
und kein Beruhigungstschick
Das ist der Trick der Politik
Und wenn er daneben geht
spielen wir Blinde Kuh
oder Russisches Roulette!

 

ZUR ENTSTEHUNG

Die  österreichische Pop-Rock-Band "Erste Allgemeine Verunsicherung" (EAV) wurde 1977 gegründet und stürmte in Zeiten der "Neuen Deutschen Welle" in den 80er Jahren mit satirischen Songs wie "Märchenprinz" oder "Banküberfall" die deutschsprachigen Hitparaden. Die EAV war zu Beginn eine anarchische Underground-Band, die eher in deutschen Clubs in Hamburg und Berlin erfolgreich war und weniger in Österreich. Hinter dem Klamauk transportiert Songwriter und Schüttelreimer Thomas Spitzer Kritik an Politik und Gesellschaft. 2018 ist ihr letztes Album "Alles ist erlaubt" erschienen, mit dem sich die Band von der Bühne verabschiedete. Das Album enthält auch den Song „Trick der Politik“, der gewitzt die Wahlkampfversprechen und Taktiken der Politiker auf die Schippe nimmt.

Thomas Spitzer und Klaus Eberhartinger 2018 im Interview mit dem Standard:

STANDARD: Apropos politisch: Wolfgang Ambros kritisierte die Regierung und bekam deshalb Morddrohungen - und Sie hören auf. Ist das nicht der falsche Zeitpunkt dafür?

Eberhartinger:Morddrohungen haben wir schon in den 1970ern gekriegt – und jetzt wieder. Weil wir angeblich nicht verstehen, dass die Islamisierung vor der Tür steht. Wir sollen uns zu "unsere Neger schleichen" hieß es, und in dem von Österreich vom Zaun gebrochenen "Krieg" Gabalier gegen EAV hieß es auch, wir gehörten vergast. Was unter der Anonymität des Internets aufbricht, ist schon bedenklich.

Spitzer:Das macht mir Sorgen. Politiker sagen ja jetzt Sachen, die galten früher als verfassungsfeindlich. Mich erschreckt die fehlende Gesprächskultur. Die Leute reden nimmer miteinander.

Eberhartinger:Das Problem sind die Algorithmen und ihre Echoräume, aus denen die Leute nicht mehr rauskommen und aufgrund derer sie glauben, die ganze Welt denkt wie sie. Es hat einmal eine durch Werte begründete rote Linie gegeben, die scheint es nicht mehr zu geben.
Das Niveau ist sehr nach unten gegangen, die Uninformiertheit nimmt zu - um nicht zu sagen: die Dummheit. Da gibt es den schönen Satz: "Aus Angst wird Wut, aus Wut wird Hass, die Dummheit ist die Lunte zum Pulverfass." So wird gewählt, so werden heute Wahlkämpfe ausgerichtet. Es geht nicht um Nachhaltigkeit oder um eine gesellschaftliche Entwicklung.

STANDARD: Dennoch versuchen Sie unbeirrbar, Moral über Humor zu vermitteln.

Spitzer:Da bin ich romantisch, und da steig' ich nicht runter. Man soll seinen Träumen und Visionen folgen. Ob das belächelt wird, ist mir scheißegal. Auch wenn es die Welt nicht verändert, wenn man sie eine Spur besser macht, hat man schon was erreicht. Dazu steh' ich.

Quelle: Karl Fluch, Der Standard, 1.10.2018

Thomas Spitzer und Klaus Eberhartinger 2018 im Interview mit der FAZ:

FAZ: Die EAV hat Blödeltexte gemacht, aber oft sozialkritische wie beim „Sandlerkönig Eberhard“. Wurde das immer verstanden?

Eberhartinger:Nein, viele haben das nicht kapiert, auch beim „Märchenprinz“ nicht. Deshalb sind wir damals gern zu Hape Kerkeling in die Sendung gegangen, der hatte auch was Anarchistisches. Bei den Sendern waren wir aber auch gefürchtet, weil uns auf der Bühne immer etwas Neues eingefallen ist. Wir waren für die unkalkulierbar.

Vielen ist erst durch die Klagedrohung des damaligen österreichischen Bundespräsidenten Kurt Waldheim und den Ärger mit Jörg Haider klar geworden, dass wir nicht die Schlager- oder Blödelband sind, für die uns manche hielten.

FAZ: Wie kam das bei Waldheim?

Eberhartinger:Wir wollten in der Stadthalle Wien, das war wahrscheinlich 1988, den Song „Wann man geh’n muss“ spielen, der auf den damaligen österreichischen Bundespräsidenten Kurt Waldheim gemünzt war. Vor dem Auftritt kam die österreichische Staatspolizei zu uns hinter die Bühne, das war denen sichtlich unangenehm, und die sagten: „Burschen, tut’s uns einen Gefallen und lasst die Nummer weg. Setzen wir uns zusammen bei einem Gulasch und einem Bier … sonst Präsidentenbeleidigung, Ihr wisst schon.“ Das durften die uns natürlich nicht sagen, denn Präsidentenbeleidigung, das gibt es selbst bei uns Österreich nicht. Also haben wir denen gesagt: Probieren wir es mal, Ihr verklagt uns, und wir freuen uns darauf! Natürlich kam dann gar nichts mehr von denen.

FAZ: Und bei Jörg Haider?

Eberhartinger: Da hatte ich einer Studentenzeitung in einem Interview gesagt, dass der Haider ein politischer Wolf im Schafspelz ist, so nett und braungebrannt und populistisch. Und dass er für mich inhaltlich ein brauner Arsch ist und bleibt. Ich bin in Braunau aufgewachsen, da musst Du Dich früh entscheiden, ob Du dafür oder dagegen bist. Da hat Haider wegen übler Nachrede geklagt, es gab eine Gerichtsverhandlung. Da habe ich dem Richter gesagt, so eine derbe Ausdrucksweise, die habe ich gar nicht. (spricht gekünstelt) Ich kann mir nur vorstellen, dass, wenn ich das gesagt habe, es in dem Sinn war, der Jörg Haider ist ja so ein junger sportlicher Typ und immer so braungebrannt, der hat wahrscheinlich sogar einen braunen Arsch. Der ist nahtlos braun am ganzen Körper. Der Anwalt ist auf den Sessel gesprungen vor Wut. Ich habe die Höchststrafe bekommen, aber mit den niedrigsten Tagessätzen. 200.000 Schilling hat mich das gekostet.

Quelle: Martin Benninghoff und Oliver Georgi, FAZ, 1.10.2018