Logo Politische Bildung

Informations-Portal zur politischen Bildung

Der Onlinekatalog der Zentralen

 

        Zwei Jahre Obama. RLS-Papers 6/2011

        Sich gut zwei Jahre nach Beginn der Präsidentschaft von Barack Obama mit den USA zu befassen heißt, zuallererst die Frage zu stellen, ob die USA und ihre Entwicklung mit den Anforderungen an eine friedliche Welt im 21. Jahrhundert kompatibel sind. Das Ergebnis fällt ambivalent aus, und ist für jene, die das Versprechen „Yes, we can!“ ernst genommen haben, eher enttäuschend. Ein Imperium zu regieren, ist offenbar nicht möglich, ohne dessen innerer Logik zu folgen. Durch seine offensive Sympathie-Werbung während der ersten Phase seiner Präsidentschaft hat Barack Obama auf der politisch-diplomatischen Ebene international atmosphärisch vieles zugunsten der USA verbessert, manches, wie bezüglich der strategischen Rüstungen im Verhältnis zu Russland, auch in der Sache. Doch gleichzeitig wurde der Rüstungshaushalt der USA weiter gesteigert, wurde der Afghanistankrieg nicht nur fortgesetzt, sondern intensiviert, wurden die Weichen zur qualitativen Weiterentwicklung der US-amerikanischen Atomwaffen gestellt und ist in Sachen Iran „die militärische Karte nicht vom Tisch“. Auf der anderen Seite setzen sich die schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen in den USA fort. Die Arbeitslosigkeit ist anhaltend hoch, massenhaft sind weiter Hausbesitzer zahlungsunfähig, die Bankenkrise treibt neuerlich Spekulationsblasen. Dies gehört zu dem politischen Hintergrund für die Tea Party Bewegung und den Kulturkampf in der innenpolitischen Szenerie der USA. Hinzu kommt, dass diese Leute nicht die konservativen Republikaner und die abenteuerliche Kriegspolitik von Bush II für den weltpolitischen Abstieg der USA verantwortlich machen, sondern Obama, der sich ja gerade bemüht, diesen Anpassungsprozess so flexibel wie möglich zu gestalten. Der Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Kapazität, militärischer Macht und weltpolitischer Rolle der USA bleibt ein zentrales Problem der internationalen Politik im ersten Viertel des 21. Jahrhunderts. Mit anderen Worten: Gelingt es, den welthistorischen Abstieg der USA von der „unipolaren“ Supermacht zu einer Macht unter anderen so zu gestalten, dass nicht weitere Kriege und Kriegsgefahren entstehen? Oder werden die innere Krise, die Entwicklung der Rechtskräfte und die innere Reformunfähigkeit die USA zum Problemfall Nr. 1 in der internationalen Politik machen? Präsident Obama versucht der Herausforderung zu begegnen, indem er nicht keine, sondern eine andere imperiale Politik macht. Die Bezeichnung „liberaler Imperialismus“ ist dafür offensichtlich angemessen. Für die Obama-Administration war beispielsweise hinsichtlich der Beteiligung an dem Libyen-Krieg des Westens wichtig, dass es einen Beschluss des UNO-Sicherheitsrates gab. Sie wollte nicht wie Bush II als das Völkerrecht brechender Interventionist dazustehen. Der liberale Imperialismus interveniert nicht frech über das Völkerrecht hinweg, sondern nur für das Gute in der Welt, für Demokratie und Menschenrechte. Das macht es dem liberalen Imperialismus im Unterschied zum rechten Imperialismus der USA einerseits schwerer – er muss mehr diplomatisch arbeiten, seine Schritte geschickter und mit mehr intellektuellem Aufwand ideologisch und politisch vorbereiten – und andererseits leichter, einen Krieg zu führen – dem plumpen und oft einfältig erscheinenden Bush sah man die Frechheit und die Lüge beim Krieganzetteln schon von weitem an, was im Ausland regelmäßig Massendemonstrationen gegen ihn zur Folge hatte, wo immer er auftauchte, während der charmante und kluge Obama den Eindruck zu erwecken versteht, als ginge es tatsächlich um Freiheit und Menschenrechte. Viele linksliberale, das Gute in der Welt wünschende Menschen nehmen ihm das ab. Damit ist der liberale Imperialismus aber nicht unbedingt besser. Im Wahlkampf hatte Obama erklärt, dass er die extra-legalen Formen der Kriegsführung abschaffen wolle: keine Entführung vermeintlicher Terroristen mehr irgendwo in der Welt und deren Verfrachten zum Auftragsfoltern in Drittländer; Schließung des Sondergefängnisses in Guantanamo und Überstellung der dort Inhaftierten zu ordentlichen Gerichten mit Beweisaufnahme, rechtsförmiger Anklage und Verteidigungsrecht usw. Guantanamo gibt es aber immer noch. Inzwischen hat Präsident Obama den Befehl zum Einsatz von Drohnen (unbemannten bewaffneten Flugkörpern) gegen Personen gegeben, die angeblich Terroristen bzw. Befehlshaber von Terroristen sind. Das geschah zunächst in Pakistan, Afghanistan und Jemen. Im Libyen-Krieg sollte dann auch Gaddafi auf diesem Wege liquidiert werden. Ein solcher Drohneneinsatz ist die Anweisung zum Mord von Staats wegen, unter Auslassung aller Formen von Rechtsstaatlichkeit: der Ermordete ist dann tot, ohne dass er auch nur den Hauch einer Chance hatte, vor Gericht seine Unschuld zu beweisen oder die Anklage die Verpflichtung, den Nachweis seiner Schuld zu führen. Die Erschießung Osama bin Ladens war ein jüngster Präzedenzfall für derartige Praxis. Die Kongresswahlen und die Wahl der Gouverneure in mehr als dreißig Bundesstaaten am 2. November 2010 haben zu einer Verschiebung der innerpolitischen Machtstrukturen zu Ungunsten von Barack Obama und der Demokratischen Partei geführt. Die Machtverschiebungen fanden wie bei keinem anderen innenpolitischen Ereignis zuvor seit langem besondere Aufmerksamkeit in der internationalen Öffentlichkeit, einschließlich in den linken bzw. linksliberalen Strömungen vieler Länder. Mit einem gewissen Maß an Besorgnis wurde in den Massenmedien die Frage aufgeworfen, warum das „Projekt Obama“ für eine Erneuerung Amerikas, das zu dem grandiosen Wahlsieg der Demokraten 2008 beitrug, nach 24 Monaten einen Teil seiner innenpolitischen Unterstützung verlor. Vor allem gemessen auch an den gewaltigen Erwartungen, die mit der Wahl Obamas verbunden wurden, wog dieses Wahlergebnis umso schwerer. Ist er wirklich der Erneuerer, der das Konzept eines „New Deal“ wieder mit Leben zu erfüllen vermag oder hat er mehr versprochen, als er je leisten will oder kann? Gefragt wird bei Teilen der Machteliten und in progressiven Strömungen innerhalb der USA und besonders in europäischen Ländern, welche Rückwirkungen gewachsener konservativer Einfluss auf künftige politische Entwicklungen haben kann. Ein wichtiges Feld bleibt die Frage der nuklearen Rüstungen. Vor zwei Jahren belebte Präsident Obama die Hoffnung auf eine atomwaffenfreie Welt neu. Während seiner Rede in Prag am 4. April 2009 betonte er das Ziel einer Welt ohne Nuklearwaffen und verpflichtete sich, darauf hinzuarbeiten. Andererseits gab er sich als Realist, der weiß, dass dieses Ziel „vielleicht nicht in meiner Lebenszeit“ umgesetzt werden kann. Der visionäre Teil seiner Aussage fußt auf der völkerrechtlichen Verpflichtung der USA, nuklear abzurüsten und letztlich auf nukleare Waffen zu verzichten. Tatsächlich jedoch wurden in seiner bisherigen Amtszeit die rüstungspolitischen Entscheidungen so getroffen, dass die USA in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts noch über ein beträchtliches Kernwaffenpotential verfügen. Die drei Texte in diesem Heft sind zunächst selbständig entstanden. Das vieldiskutierte Ergebnis der „Zwischenwahlen“ 2010 machte es erforderlich, die Hintergründe und die voraussichtlichen Folgen dieser Wahlen genauer zu betrachten. Claus Montag, der sich seit Jahrzehnten analytisch mit den USA beschäftigt, war bereit, dieses Papier zu liefern. Otfried Nassauer hat das Thema der Nuklearpolitik der Regierung Obama in gewohnter Tiefenschärfe und konzeptioneller Zuspitzung bearbeitet. Zugleich war klar, dass ein Gesamtpapier zu über zwei Jahren Obama die Debatten, die in der Rosa-Luxemburg-Stiftung und insbesondere im Gesprächskreis Frieden der Stiftung seit geraumer Zeit geführt werden, auf spezifische Weise fortsetzt. In diesem Sinne stehen die Beiträge dieses Heftes in Zusammenhang mit früheren Publikationen der Stiftung, insbesondere denen zu den geostrategischen Veränderungen und zum Libyen-Krieg und weisen auf spezifische Weise darüber hinaus. Das Thema der künftigen Entwicklung der USA jedenfalls wird uns noch längere Zeit beschäftigen.
        Publikationen: RLS-Papers

        Anbieter: Rosa-Luxemburg-Stiftung





        Zurück

        Zu den Zentralen

        Zu den Angeboten der Bundeszentrale und den Landeszentralen für politische Bildung:

        Adressen der Zentralen

        Neues aus den Zentralen

        Dossiers Internationales

        Sämtliche Themendossiers der Bundeszentrale für politische Bildung im Bereich Internationales

         

        Globalisierung - Zahlen und Fakten

        Kaum ein Thema wird so intensiv und kontrovers diskutiert wie die Globalisierung. "Zahlen und Fakten" liefert Grafiken, Texte und Tabellen zu einem der wichtigsten und vielschichtigsten Prozesse der Gegenwart in den Bereichen Bevölkerung und Soziales, Ökonomie, Energie etc.

        USA, China und die EU

        Wem gehört "die Zukunft"? Wer wird sie vermutlich in besonderem Maße prägen? Die USA, China oder die EU? Der Frage nach der Zukunftsfähigkeit von Systemen stellt sich die LpB Baden-Württemberg in ihrer  D&E-Ausgabe: "USA, China und die EU - Systeme und ihre Zukunftsfähigkeit".

        Online-WM-Spiel

        Wer kennt sich aus mit den teilnehmenden Ländern der Fussball-WM 2018? Bei dem Online-WM-Spiel GLOBO besteht die Aufgabe darin, die Länder auf der Weltkarte zu platzieren. Hinter den Ländernamen können per Klick weitere Informationen abgerufen und ausgedruckt werden, ebenso am Ende eine Urkunde.

        Steckbrief USA

        Das Land in Daten
        (Bundeszentrale für politische Bildung)

        Flagge USA
        Bedeutung und Ursprung
        (Flaggenlexikon)

        USA
        (Auswärtiges Amt)

        Vereinigte Staaten
        (Wikipedia)

        Zahlen/Quoten

        Armutsgefährdungsquote:
        15,1 %

        Arbeitslosenquote:
        4,4 %

        Einwandererquote:
        14,5 %

        Geburtenrate:
        1,87 %

        Quelle: Die Angaben beruhen auf Schätzungen der CIA, Stand, Stand größtenteils 2017 sowie der UN, Stand 2015

        USA-Quiz

        Im Rahmen unseres Welt-Quiz gilt es Fragen über 20 Länder zu beantworten. Die Fragen beschäftigen sich mit grundlegenden Eckdaten zu den Ländern, mit den Hauptstädten, Wahrzeichen und Hymnen, mit der Geschichte und Politik des Landes, und fragen aktuelle Zahlen und Quoten in Bereichen wie Arbeit und Soziales ab. Hier die Fragen über die USA.

        USA

        Die Vereinigten Staaten von Amerika: Vorbild für die einen, Feindbild für die anderen. Die USA, das Land der Superlative und Extreme in einem Dossier der Bundeszentrale für politische Bildung.

        Die Vereinigten Staaten von Amerika

        Die USA - Land der unbegrenzten Möglichkeiten? Weltmacht am Zerbröckeln? Was ist das für eine Gesellschaft, mit der uns so vieles verbindet und an der wir doch so vieles auch mit Befremden beobachten?
        Die aktuelle Ausgabe Die Vereinigten Staaten von Amerika der LpB BW richtet den Blick auf die Wahlen, deren weltpolitische Bedeutung sowie das gesellschaftliche Leben.

        USA

        Die US-amerikanische Gesellschaft erscheint gespalten wie selten zuvor. Barack Obama, der erste schwarze Präsident in der Geschichte des Landes, ist für viele Amerikaner offenbar eine Reizfigur. Seine Wiederwahl bei den Wahlen im November 2012 ist alles andere als gewiss. Die gesellschaftliche Polarisierung manifestiert sich am sichtbarsten in der Entstehung der rechtskonservativen Tea-Party-Bewegung, die vor allem bei den Republikanern einflussreich ist. Zugleich sind die USA mit einer tiefen Wirtschafts- und Schuldenkrise konfrontiert, die ihren Status als dominierende Weltmacht zunehmend untergräbt. Mehr dazu in der aktuellen Beilage zum Thema USA,  Aus Politik und Zeitgeschichte 51-52/2011.