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Politische Songs - Ausgabe III

Ursprünglich als musikalischer Adventskalender angelegt, lädt diese Sammlung Politische Songs - Ausgabe III ein, anhand weniger Liedzeilen zu erraten, um welchen Song es sich handelt (weitere Songs finden sich in der Ausgabe I, Ausgabe II).

Wem gelingt es, anhand der Abbildung unten zu erraten

- wie der Songtitel lautet?
- wer ihn
  gesungen hat?
- in welchem Jahr er erschienen ist?

Am Ende findet sich die Auflösung mit dem Songtext, Hintergrundinformationen über seine Entstehungsgeschichte sowie ein YouTube-Video.

Viel Spaß beim Mitraten!

SONG 17

> Auflösung

 

WILLKOMMEN LIEBE MÖRDER aus dem Jahr 2015 von HEINZ RUDOLF KUNZE und RÄUBERZIVIL
 

Ist es jeder Vierte
Ist es jeder Dritte
Aber sie sind hier
Ganz in unsrer Mitte
Jeder kann es sein
Keinem kann man trauen
Manchmal sind es Männer
Ab und zu auch Frauen

Sie wollen uns zerstören
Sie wollen uns vernichten
Nichts wird sie dazu bringen
Darauf zu verzichten
Wir möchten das verdrängen
Und einfach ignorieren
Uns weiter davor drücken
Den großen Kampf zu führen

Willkommen liebe Mörder
Fühlt euch wie zuhause
Bedient euch macht es euch bequem
Kurze Atempause
Nichts nehmen wir euch übel
Empörung nicht die Spur
Ihr habt halt eine andere
Umbringekultur

Jeder sieht es kommen
Die Bedrohung steigen
Jeder ist beklommen
Keiner will es zeigen
Laßt uns das vertuschen
Nicht darüber reden
Alle gegen alle
Jeder gegen jeden

Sie pflegen fremde Bräuche
So lautet das Gerücht
Genaueres weiß keiner denn
Man erkennt sie nicht
Und wenn sie unter sich sind
Dann lachen sie uns aus
Nie würden sie behaupten
Mein Haus ist euer Haus

Willkommen liebe Mörder
Wir sind so tolerant
Die Dunkelheit bricht bald herein
Über dieses Land
Wir reichen euch die Kerzen
Damit ihr besser seht
Und euch das nächste Opfer nicht
Durch die Lappen geht

Willkommen liebe Mörder
Ein viel zu hartes Wort
Wir haben doch Verständnis
Ihr nennt das nicht mal Mord
Ihr tut's aus Überzeugung
Und wenn man's überlegt
Wir sind so schlaff und müde wir
Gehören weggefegt

 

ZUR ENTSTEHUNG


"Willkommen liebe Mörder" ist ein Song des deutschen Liedermachers und Rock- und Popmusikers Heinz Rudolf Kunze. Er gilt als Rock-Intellektueller, als Denker unter den deutschen Pop-Dichtern.  Bekannt geworden mit Liebesliedern wie "Dein ist mein ganzes Herz" veröffentlicht Kunze in jüngster Zeit zunehmend politische Songs, wie sein neustes Album "Der Wahrheit die Ehre" zeigt, auf dem sich Mitgefühl und Witz, Widerstand und Wut die Waage halten. Mit dem Song "Willkommen liebe Mörder", der bereits 2015 auf dem Album "Räuberzivil: Tiefenschärfe" erschien, hat der Musiker ein maximal missverständliches Lied herausgebracht, weshalb es zu seinem Missfallen auch in der rechten Szene Anklang findet.

Der Song sei bereits im Sommer 2014 entstanden - also ein Jahr vor der Flüchtlingsdebatte - und sei eine Anlehnung an Frischs Stück „Biedermann und die Brandstifter”, das vom Aufkommen der Nazis handle, so Kunze. In rechten Netzwerken ist das Lied beliebt, Kunze warne vor den Flüchtlinge, so die Deutung. In einer Strophe heißt es: „Sie pflegen fremde Bräuche, so lautet das Gerücht, Genaueres weiß keiner, denn man erkennt sie nicht.“ Die Umarmung seines Liedes durch fremdenfeindliche Strömungen sei, so Kunze, „grotesk“.

In Folge der Missinterpretationen verbat sich Kunze „jede dem Geist dieses Songs widersprechende Vereinnahmung und Anbiederung, zumal von rechts“ und veröffentlichte folgenden Kommentar:

"Angesichts einiger Kommentare zum Song „Willkommen liebe Mörder“ möchte ich folgendes klarstellen:

Es ist mir unbegreiflich, dass Leute aus dem rechten politischen Spektrum mein Lied „Willkommen liebe Mörder“ für sich vereinnahmen wollen. Es scheint diesen Leuten schon zu genügen, dass im Titel das Wort „Mörder“ vorkommt, um den Song für ihre Zwecke zu missbrauchen. Das Lied greift die Thematik von Max Frischs Bühnenstück „Biedermann und die Brandstifter“ auf und handelt davon, dass die schweigende deutsche Mehrheit auf dem rechten Auge blind ist. Anlass für dieses Lied waren die NSU-Morde und nicht etwa Fremdenfeindlichkeit. Ich weiß nicht, wie ich mich noch verteidigen soll – außer durch ständige Wiederholung der Wahrheit."

Was können wir tun angesichts des Erstarkens der Ränder rechts und links?

Kunze: "Die demokratischen Parteien müssen sich mal wieder um ihre Wähler kümmern, statt um irgendwelche exotischen fünf- oder sechsrangigen Themen. Denn viele der Menschen, die nach rechts ihr Kreuzchen wandern lassen, fühlen sich nicht wahrgenommen, nicht ernst genommen und abgehängt. Die leben irgendwo auf dem Land in Mecklenburg-Vorpommern oder in den Schluchten vom Thüringer Wald, wo kein Arzt ist, wo kein Bus fährt, wo keine Infrastruktur stimmt. Und wenn die Parteien der demokratischen Spielart das wiederentdecken würden, den Wähler, dann wäre schon viel gewonnen. Und dann wären meiner festen Überzeugung nach 75 Prozent der Menschen, die aus Wut Rechts wählen, rückholbar. Die SPD hat es in spektakulärer Weise vorgemacht, wie man Wähler vergessen kann, aus dem Blick verlieren kann, und die CDU ist auf dem besten Weg, es ihr nachzutun."

Würden Sie sich mehr deutsche Musiker wünschen, die sich genau wie Sie positionieren. Die auch mal sagen, es reicht?

Kunze: "Ich weiß von Herbert [Grönemeyer], dass er sich auf seinen Konzerten äußert. Mit seinen Platten bin ich nicht so vertraut, deshalb kann ich nicht sagen, ob er auch darüber singt. Was ich mir wünsche, spielt aber keine Rolle, ich bin nur verwundert, dass es offensichtlich so wenige tun. Wir haben als Künstler eine Verantwortung. Und ich glaube, dass das Publikum das von uns erwartet. Es gehört zu unserer Arbeit, darüber Lieder zu schreiben und nicht nur irgendwelche Sachen auf der Bühne mit großem Gedonner rauszulassen. Es gibt doch genügend Fuzzies, die alles durch die rosarote Brille sehen und Trallala singen – da müssen wir uns doch nicht einreihen."

Quellen: heinzrudolfkunze.de,, Morgenpost, Allgemeine Zeitung , Domradio

 

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

zu den Themenbereichen Fremdenfeindlichkeit begegnen , Rechtsextremismus,Linksextremismus