Politische Songs - Ausgabe III
Ursprünglich als musikalischer Adventskalender angelegt, lädt diese Sammlung Politische Songs - Ausgabe III ein, anhand weniger Liedzeilen zu erraten, um welchen Song es sich handelt (weitere Songs finden sich in der Ausgabe I, Ausgabe II).
Wem gelingt es, anhand der Abbildung unten zu erraten
- wie der Songtitel lautet?
- wer ihn gesungen hat?
- in welchem Jahr er erschienen ist?
Am Ende findet sich die Auflösung mit dem Songtext, Hintergrundinformationen über seine Entstehungsgeschichte sowie ein YouTube-Video.
Viel Spaß beim Mitraten!
SONG 9
> Auflösung
DEINE SCHULD aus dem Jahr 2003 von "DIE ÄRZTE"
Hast do dich heute schon geärgert, war es heute wieder schlimm?
Hast do dich wieder gefragt, warum kein Mensch was unternimmt?
Do musst nichts akzeptieren, was dir überhaupt nicht passt
Wenn do deinen Kopf nicht nur zum Tragen einer Mütze hast
Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist wie sie ist,
Es wär nur deine Schuld, wenn sie so bleibt
Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist wie sie ist,
Es wär nur deine Schuld wenn sie so bleibt.
Wenn sie so bleibt
Glaub keinem der dir sagt, dass do nichts verändern kannst
Die die das behaupten haben nur vor Veränderungen Angst
Es sind die Selben die erklären es sei gut so, wie es ist
Und wenn do etwas ändern willst, dann bist do automatisch Terrorist
Es ist nicht deine schuld, dass die Welt ist wie sie ist,
Es wär nur deine Schuld, wenn sie so bleibt
Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist wie sie ist,
Es wär nur deine Schuld wenn sie so bleibt.
Weil jeder der die Welt nicht ändern will ihr Todesurteil unterschreibt
Lass uns diskutieren denn in unserm schönen Land,
Sind zumindest theoretisch alle furchtbar tolerant
Worte wollen nichts bewegen Worte tun niemanden weh
Darum lass uns drüber reden, Diskussionen sind ok
Nein
Geh mal wieder auf die Straße, geh mal wieder demonstrier'n
Denn wer nicht mehr versucht zu kämpfen kann nur verlier'n.
Die die dich verarschen, die hast do selbst gewählt
Darum lass sie deine Stimme hörn, weil jede Stimme zählt
Es ist nicht deine schuld, dass die Welt ist wie sie ist,
Es wär nur deine Schuld, wenn sie so bleibt
Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist wie sie ist,
Es wär nur deine Schuld wenn sie so bleibt.
Es ist nicht deine schuld, dass die Welt ist wie sie ist,
Es wär nur deine Schuld, wenn sie so bleibt
ZUR ENTSTEHUNG
Deine Schuld ist ein Song der Berliner Punkrock-Band "Die Ärzte" aus dem Jahr 2003 (auf Single 2004), bestehend aus den Musikern Farin Urlaub, Bela B und Rodrigo González. Ähnlich erfolgreich wie "Die Toten Hosen" setzen auch sie auf gesellschaftskritische Songs. Der vorliegende Song appelliert an die Vernunft, für eine bessere Welt aktiv zu werden. Dies soll man sich nicht von jenen ausreden lassen, die Angst vor Veränderungen haben und wollen, dass alles so bleibt, wie es ist. "Es handelt davon, dass man selber die Welt ändern muss und sich nicht immer auf andere verlassen kann", so Farin.
Fühlen Sie eine Verpflichtung, sich zu engagieren?
Bela B.: "Ja, diese Verpflichtung gibt es durchaus. Gerade als Die Ärzte sich 1993 wiedervereinigt haben, war das ja die Zeit, in der Deutschland seine hässlichste Fratze gezeigt hat. In den Jahren zuvor waren Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen oder Mölln passiert, und da wussten wir, wenn wir zurückkommen, dass wir als eine der bekanntesten deutschen Rockbands ein Statement dazu abgeben müssen."
Warum? Die Ärzte galten als weitgehend unpolitische Fun-Punks.
Bela B.: "Ja, wir waren damals die subversivste Bravo-Band oder die kommerziellste Underground-Band, wir hatten ein sehr ambivalentes Image. Wir hatten bis dahin nie ausdrücklich politische Songs gemacht, haben uns aber nie als unpolitisch gesehen. Als Punk konnte man sich gar nicht als unpolitisch sehen. Außerdem muss man wissen, dass sich bei unseren Konzerten – wie bei anderen Punkkonzerten auch – schon mal Skinheads herumgetrieben haben, die sich zwar nie selbst als Nazis gesehen hätten, aber als Witz schon mal den Hitlergruß gezeigt haben. Das war in der Punk-Szene damals durchaus ein probates Mittel, um zu schockieren. Deswegen hatten wir das Gefühl, wir brauchen einen Song, der ein eindeutiges, klares Statement ist, waren aber sehr unsicher, weil so etwas leicht ins Peinliche kippen kann. 1993 haben wir dann „Schrei nach Liebe“ als erste Single nach unserer Wiedervereinigung herausgebracht."
Ist Popmusik generell zu unpolitisch?
Bela B.: "Ich würde mir schon wünschen, dass Musik wieder weniger Beschwichtigung ist und mehr Relevanz bekommt. Dass dezidiert politische Bands wie die Goldenen Zitronen es aus der Nische heraus schaffen würden, dass bekannte Bands sich wieder mehr trauen – das sagt jetzt zwar ausgerechnet jemand, der auf seinem neuem Solo-Album selber ziemlich unpolitisch ist. Aber mir ist wichtig, wenn Musiker klare politische Standpunkte beziehen. Da muss ich dann aber als Fan auch damit leben, dass ein Alice Cooper während des Irakkrieges sich als übler Reaktionär entpuppte und die Bush-Fahne schwenkt."
Abiturzeugnisse mit Bestnoten in Brandenburg zierte 2018 ein Zitat aus dem Ärzte-Song „Deine Schuld“. Hätten Sie sich das träumen lassen, von Lehrern als pädagogisch wertvoll eingestuft zu werden?
Bela B: "In den 80ern gab es immer diese Grundsatzfrage: Die Toten Hosen oder Die Ärzte? Campino hat damals in einem Punk-Fanzine die Hosen als Terrace-Rockband bezeichnet, die gerne fürs Volk und für Fußballprolls in den Stadien spielen will. Bei uns war das anders: Es kamen viele Frauen, Oberschüler und Abiturienten – die Akademiker von morgen. Und diese Elite von Menschen schreiben heute Zeugnisse, oder arbeiten bei den Medien. Pech gehabt, Hosen!"
Quellen: taz, Spiegel, Blick, MOPOP
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