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Politische Songs - Ausgabe III

Ursprünglich als musikalischer Adventskalender angelegt, lädt diese Sammlung Politische Songs - Ausgabe III ein, anhand weniger Liedzeilen zu erraten, um welchen Song es sich handelt (weitere Songs finden sich in der Ausgabe I, Ausgabe II).

Wem gelingt es, anhand der Abbildung unten zu erraten

- wie der Songtitel lautet?
- wer ihn
  gesungen hat?
- in welchem Jahr er erschienen ist?

Am Ende findet sich die Auflösung mit dem Songtext, Hintergrundinformationen über seine Entstehungsgeschichte sowie ein YouTube-Video.

Viel Spaß beim Mitraten!

SONG 8

> Auflösung

 

HURRA DIE WELT GEHT UNTER aus dem Jahr 2015 von K.I.Z. ft. Henning May
 

Kleidung ist gegen Gott
Wir tragen Feigenblatt
Schwingen an Lianen über'n Heinrichplatz
Und die Alten erzählen vom Häuserkampf,
Beim Barbecue in den Ruinen der deutschen Bank
Vogelnester in einer löchrigen Leuchtreklame
Wir wärmen uns auf an einer brennenden Deutschlandfahne
Und wenn einer auf 'ner Parkbank schläft
Dann nur weil sich ein Mädchen an seinen Arm anlehnt
Drei Stunden Arbeit am Tag, weil es mehr nicht braucht
Heut' Nacht denken wir uns Namen für Sterne aus
Danken dieser Bombe vor 10 Jahren
Und machen Liebe bis die Sonne es sehen kann
Weißt du noch als wir in die Tische ritzten in den Schulen

"Bitte Herr vergib ihnen nicht, denn sie wissen was sie tun."
Unter den Pflastersteinen wartet der Sandstrand,
Wenn ich mit Rap, dann mit der Pumpgun
Und wir singen im Atomschutzbunker:

"Hurra, diese Welt geht unter!"
"Hurra, diese Welt geht unter!"
"Hurra, diese Welt geht unter!"

Und wir singen im Atomschutzbunker:

"Hurra, diese Welt geht unter!" ....

Auf den Trümmern das Paradies
Nimm dir Pfeil und Bogen, wir erlegen einen Leckerbissen
Es gibt kein' Knast mehr, wir grillen auf den Gefängnisgittern
Verbrannte McDonald's zeugen von unsern Heldentaten
Seit wir Nestlé von den Feldern jagten
Schmecken Äpfel so wie Äpfel und Tomaten nach Tomaten
Und wir kochen unser Essen in den Helmen der Soldaten
Du willst einen rauchen? Dann geh dir was pflücken im Garten
Doch unser heutiges Leben lässt sich auch nüchtern ertragen
Komm wir fahren in den mossbedeckten Hallen im Reichstag ein Bürostuhlwettrennen
Unsere Haustüren müssen keine Schlösser mehr haben, Geld wurde zu Konfetti und wir haben besser geschlafen
Ein Goldbarren ist für uns das gleiche wie ein Ziegelstein

Der Kamin geht aus, wirf' mal noch 'ne Bibel rein
Die Kids gruseln sich, denn ich erzähle vom Papst
Dieses Leben ist so schön, wer braucht ein Leben danach? (wer braucht ein Leben danach?)
Und wir singen im Atomschutzbunker:

"Hurra, diese Welt geht unter!" ...

Und wir singen im Atomschutzbunker:

"Hurra, diese Welt geht unter!"...

Auf den Trümmern das Paradies
Die Kühe weiden hinter uns, wir rauchen Ott spielen Talva
Dort wo früher der Potsdamer Platz war
Wenn ich aufwache streich ich dir noch einmal durch's Haar
"Schatz ich geh zur Arbeit, bin gleich wieder da."
Wir stehen auf wann wir wollen, fahren weg wann wir wollen
Sehen aus wie wir wollen, haben Sex wie wir wollen
Und nicht wie die Kirche oder Pornos es uns erzählen
Baby die Zeit mit dir war so wunderschön
Ja, jetzt ist es wieder aus, aber unsere Kinder wein' nicht
Denn wir ziehen sie alle miteinander auf
Erinnerst du dich noch als sie das große Feuer löschen wollten?
Dieses Gefühl, als in den Flammen unsere Pässe schmolzen?
Sie dachten echt ihre Scheiße hält ewig

Ich zeig den Kleinen Monopoly, doch sie verstehn's nicht
"Ein 100€ Schein? Was soll das sein?
Wieso soll ich dir was wegnehm' wenn wir alles teilen?"
Und wir singen im Atomschutzbunker:

"Hurra, diese Welt geht unter!"...

Und wir singen im Atomschutzbunker:

"Hurra, diese Welt geht unter!"...

Auf den Trümmern das Paradies

 

ZUR ENTSTEHUNG

"Hurra die Welt geht unter" ist ein Song der Berliner Hip-Hop-Formation K.I.Z., welcher die Rapper Tarek, Maxim und Nico angehören. Gemeinsam mit Henning May haben sie 2015 den Song aufgenommen. Die Band veröffentlicht in den vergangenen Jahren zunehmend gesellschaftskritischere Texte. "Hurra die Welt geht unter" ist zu einer Hymne für eine bessere Welt avanciert, neuerdings zu einer inoffiziellen Hymne der Fridays-For-Future Bewegung.

Der Song zeichnet das Bild einer postapokalyptischen Welt, in der das vorherige System durch Bomben zerstört wurde. Die Welt, deren Untergang besungen wird, ist die Welt von Gentomaten, Geldgier und von religiösem Fanatismus. "Hurra diese Welt geht unter" - wo hört der Spaß auf und wo beginnt der Ernst? Dies ist wie bei bei den meisten Songtexten der Band nicht leicht zu sagen. Eine unscharfe Trennlinie zwischen Ironischem und Unironischem ist ein durchgängiges Merkmal der Texte von K.I.Z.

Der Song legt nahe, dass ihr euch auf den Weltuntergang freut. Ist das so?

Maxim: "Natürlich nicht. Wir machen uns lustig über die ganzen Weltuntergangsszenarien, die ständig herumgereicht werden. Jetzt gerade wieder: Die Krise. Alles soll zusammen brechen, Deutschland, Europa, die Welt, es ist eine ewige Hysterie. Am lautesten schreien oft ausgerechnet die Leute, die normalerweise total viel an der Welt auszusetzen haben und alles doof finden. Das ist eine seltsame Kombination, zu sagen "Die Welt ist scheiße", aber gleichzeitig krass Sorge zu haben, dass sie untergeht."

Ist etwas schlechter geworden in den letzten Jahren?

Tarek: "Natürlich spürt man durch die eine oder andere Begebenheit, dass es einigen Menschen sehr schlecht geht. Man denke nur an die Flüchtlinge, die wochenlang in einer besetzten Schule ausharren mussten. Aber auch die Flüchtlingsthematik spielt bei uns schon viel länger eine Rolle, sei es, weil man familiär aus der linken Ecke kommt oder weil man Freunde hat, die das persönlich betrifft."

Maxim:  "Ich denke auch nicht, dass sich an der Gesamtsituation viel geändert hat. Für uns ist der Weltuntergang einfach ein cooler Aufhänger."

"Hurra die Welt geht unter" läuft bei jeder Klimademo

Der vor fünf Jahren entstandene Song hat mit der Fridays for Future Bewegung im letzten Jahr ein unerwartetes Revival erfahren, er ist zur inoffiziellen Hymne der Bewegung geworden. Den Refrain singt Henning May  (auch bekannt als Mitglied der Formation AnnenMayKantereit)

Herr May, wie haben Sie mitbekommen, dass Ihr Lied bei den Demonstrationen läuft?

Henning May: "Das haben mir Kinder von Freunden erzählt. Inzwischen war ich selbst ein paar Mal bei den Fridays for Future und habe den Song dort gehört. Wenn das läuft, ziehe ich meine Kapuze immer tief ins Gesicht.(...) Ich finde das Lied super und bin glücklich, dass ich das gemacht habe. Aber ich kann nicht über die Straße laufen, während meine eigene Stimme aus Boxen kommt. Mich selbst aufgenommen zu hören, das finde ich echt anstrengend."

Im Song besingen Sie und K.I.Z. eine post-apokalyptische Welt: Das Land ist zerstört, der Kapitalismus auch. Ist das eine positive oder negative Vision?

Henning May: "Weder noch. Ich bin großer Demokratie-Fan. Natürlich fände ich es nicht gut, unsere Parlamente – wie in dem Lied – verrotten zu sehen. Aber ein Bürostuhl-Wettrennen im Reichstag, das ist schon ein lustiges Bild. In dem Song gibt es keine Polizei mehr, weil alle einer Meinung sind: Auch das ist Utopie und Dystopie zugleich. Ich mag an dem Lied, dass es den Kopf öffnet. Sich abstrakte Szenarien vorzustellen, kann vielleicht helfen, sich realistische Ideen auszudenken. Das Lied ist für mich ein satirischer Kopföffner."

Und als Musiker: Haben Sie vor, das Thema Klima oder Fridays For Future musikalisch zu verarbeiten? Und der Bewegung statt der inoffiziellen mal eine offizielle Hymne zu geben?

Henning May: "Ich habe natürlich Lust, alle Dinge musikalisch zu verarbeiten, die mich beschäftigen. Aber das geht mit vielen Themen nicht. Ich habe mal ein politisches Lied geschrieben, das ich spontan bei Instagram rausgehauen habe: für Pia, die Kapitänin der „SOS Méditerranée“. Aber da kam das einfach aus mir heraus, das kann ich nicht erzwingen. Es gibt ja auch viele gute Musikerinnen und Musiker, die sich mit der Klimakrise beschäftigen und darüber Lieder schreiben. Das Schwierige dabei ist, dass man nicht belehren sollte, wenn man gesellschaftskritische Lieder macht. Ich muss persönlich sagen: Wenn ein Lied ermahnt oder erklärt, törnt mich das ab. Ich habe zwar kein Problem damit, mal ein Lied zu machen, das nicht nach dem süßen, rotweintrinkenden jungen Mann klingt. Aber: Als 27-jähriger Musiker will ich niemandem sagen, was er tun soll."

Quellen: t-online, Spiegel, Die Freiheitsliebe, Unicum

 

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